Kontinuierliche Schärfung des Forschungsprofils und wichtiges Bindeglied zu anderen klinischen Bereichen
Mainz – Die Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz feierte am vergangenen Samstag ihr 50-jähriges Bestehen mit einer Festveranstaltung. Im Jahr 1965 als „Abteilung für Psychotherapie“ gegründet, hat die heutige Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie seit den Anfängen zahlreiche Betätigungsfelder hinzugewonnen. Beispielhaft sei hier nur die 2008 gegründete „Grüsser-Sinopoli-Ambulanz für Spielsucht“ genannt. In der Krankenversorgung gab es in den 50 Jahren eine stetige Ausweitung: Waren es anfangs neun Betten in der stationären Versorgung, so hat sich diese Anzahl im Laufe der Jahre auf 28 ausgeweitet. Zudem stehen gegenwärtig 26 teilstationäre Behandlungsplätze zur Verfügung. Im Wissenschaftlichen Bereich hat sich die Klinik unter anderem in der Erforschung sozialer Phobien, Panikstörungen und der Onlinesucht auch international einen Namen gemacht.
Die Psychosomatik genießt innerhalb der Medizin einen hohen Stellenwert. Grund dafür ist die Erkenntnis, dass jede Krankheit für die betroffene Person und ihr Umfeld eine körperliche, psychische und soziale Dimension beinhaltet. Daher betrachtet die Psychosomatik die Entstehung und Behandlung von Krankheiten ganzheitlich und agiert interdisziplinär als Schnittstelle. Charakteristisch für die Psychosomatik in Mainz ist vor allem, dass sie auf gesellschaftliche Phänomene wie beispielsweise die Zunahme von Angststörungen in der Bevölkerung reagiert. Darüber hinaus richtet sie sich an Bedürfnissen einer sich verändernden Gesellschaft aus.
Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler überbrachte zum Jubiläum die herzlichen Glückwünsche der Landesregierung und hob hervor, dass die Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz sowohl bei den Patientinnen und Patienten als auch in der Fachwelt einen hervorragenden Ruf habe. „Mit ihrem Engagement in Versorgung, Forschung und Lehre ist die Klinik für Psychosomatik auf allen drei Gebieten führend und damit ein äußerst kompetenter gesundheitspolitscher Partner für die Landesregierung, auf den wir stolz sind.“ Als Beispiele nannte die Ministerin die Ambulanz für Spielsucht, in der als erste Einrichtung in Deutschland seit 2008 Menschen mit Internetsüchten und pathologischem Glücksspiel behandelt werden. „Auch ist die Psychosomatische Klinik einer unserer landesweiten vier Standorte der Traumaambulanzen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG), in der Opfern von Gewalttaten Soforthilfe gegeben wird“, so die Gesundheitsministerin.
„Im Gründungsjahr 1965 gehörte Mainz mit der Etablierung einer Abteilung für Psychotherapie zu den ersten universitären Standorten in Deutschland. Damit spielte Mainz eine Vorreiterrolle, und auch im Jahr 2015 setzt die Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie neue Impulse für die erfolgreiche Behandlung von Angststörungen mit neuen und wirksamen Psychotherapiemethoden. Dazu gehört auch die internetbasierte Psychotherapie, die zukünftig vielen Patienten zu Gute kommen wird“, betont der Medizinische Vorstand Frau Prof. Dr. Babette Simon.
Eine Besonderheit bezogen auf die Psychosomatik am Standort Mainz ist sicherlich, dass hier etwa im Bereich der Krankenversorgung fast gleich viele stationäre wie teilstationäre Behandlungsplätze angeboten werden. Bei den stationären Behandlungsplätzen sind es aktuell 28, bei den teilstationären 26. Das ermöglicht eine intensive und wohnortnahe Versorgung. Traditionell gibt es eine enge Zusammenarbeit mit klinischen Schwerpunkten der Universitätsmedizin Mainz beispielsweise im Bereich der Transplantationsmedizin oder der Schmerzambulanz. „Die Psychosomatik in Mainz geht darüber hinaus in vielerlei Hinsicht eigene und neue Wege“, sagt der Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Univ.-Prof. Dr. Manfred Beutel. So gibt es zunehmend Spezialversorgungsangebote im ambulanten Bereich wie etwa die Behandlungsangebote zur Vorbeugung von sexuellen Übergriffen durch ein Behandlungsangebot für Pädophile.
Über die Grenzen von Deutschland hinaus sichtbar ist die Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz zudem in der Forschung: Die Klinik führt die erste internationale, kontrollierte Studie zur Behandlung der Onlinesucht durch und erforscht Ursachen und Verbreitung der Onlinesucht. Bei der nahezu abgeschlossenen SOPHO-NET-Studie zur sozialen Phobie handelt es sich um das weltweit größte Forschungsprojekt in diesem Bereich. Weitere randomisierte kontrollierte klinische Studien betreffen die Forschungsbereiche Panikstörung, internetbasierte Nachsorge und Behandlung von Depressionen bei chronischer Krankheit. Neue Forschungserkenntnisse zur Wirkung von Psychotherapie kommen der Ausbildung der Therapeuten in einem eigenen Studiengang und den Patienten in der Ausbildungsambulanz zu Gute.
Vor dem Hintergrund, dass die Gutenberg Gesundheitsstudie (GHS) auch die Wechselwirkung psychischer Faktoren mit Herz-Kreislaufrisiken und –erkrankungen zum Gegenstand hat, ist die Klinik im Lenkungsgremium der GHS. Ihre hohe wissenschaftliche Kompetenz bringen Prof. Beutel und seine Forscherteams zudem im Forschungszentrum Translationale Neurowissenschaften (FTN) ein. Dort geht es um die Erforschung neurobiologischer Grundlagen psychischer Erkrankungen und neurobiologischer Effekte von Psychotherapie. Des Weiteren ist die Klinik im Lenkungsgremium des Forschungsschwerpunkts Medienkonvergenz der Johannes Gutenberg- Universität (JGU) vertreten und dort an einer Längsschnittstudie zur Mediennutzung Jugendlicher beteiligt.
„Dass die Psychosomatik in Mainz einmal so einen hohen Stellenwert haben würde, hätte im Gründungsjahr wohl niemand zu hoffen gewagt. Heute lässt sich mit Fug und Recht behaupten, dass die Psychosomatik hier nicht mehr wegzudenken ist“, sagt Prof. Beutel und ergänzt: „Dass die wechselseitigen Beziehungen psychosozialer und körperlicher Vorgänge ausschlaggebend in ihrer Bedeutung für die Gesundheit und Krankheit von Menschen sind, ist mittlerweile medizinisches Grundverständnis.“
Quelle: Unimedizin Mainz