Hermann Josef-Hupe hat vor seinem Studium an der HAWK eine Maurerlehre gemacht und ist bis heute froh darüber. In die Runde der Studierenden aus der Fakultät Bauen und Erhalten erzählt der heutige Geschäftsführer der Firma Meyerbau GmbH in Lindau/Harz eine Geschichte aus seiner Zeit als junger Bauingenieur. „Auf der Baustelle habe ich Anweisungen an einen erfahrenen Maurer gegeben, doch der erwiderte nur: ‚kannst Du überhaupt einen Stein setzen ‚? Am nächsten Morgen habe ich bis zum Frühstück mit ihm gemauert, danach gab es nie wieder Probleme.“ Er wusste eben aus eigener Erfahrung, wie ein Handwerker tickt. Interessehalber fragt Hupe in die Runde der Studierenden, wer ebenfalls vor dem Studium eine Ausbildung gemacht habe. Mehr als zwei Drittel der Arme der angehenden Architekten und Bauingenieure gehen nach oben.
Einen seiner größten Erfolge zeigt der Meyerbau-Geschäftsführer per Video: 1992 errichtete er federführend ein Doppelhaus in nur 15 Tagen bis zur Schlüsselfertigkeit. Trotz zahlreicher Bitten, dies zu wiederholen, betont er, dass man auch nicht jeden Tag Formel 1 fahren müsse, sondern diese Erfahrungen allerdings für den Alltag nutzen könne. „Eine sinnvolle Bauzeit liegt bei sechs Monaten.“
Von eindrucksvollen Projekten und vor allem ihrer großen Begeisterung für ihren Beruf konnte auch Elvan Canalp den Studierenden berichten. In Wettbewerbs- und Abgabezeiten arbeite sie schon mal 50 bis 60 Stunden in der Woche, räumte sie auf Nachfrage ein. In ihrem Architekturstudium an der HAWK habe sie gelernt, viele Wege auszuprobieren und ihr eigenes Profil zu entwickeln. „Ein Architekt denkt sehr solitär an ein Gebäude, ich wollte mehr erfahren über die Komplexität einer ganzen Stadt, über das komplexe Netzwerk, deshalb studierte ich noch im Master Urban Design in Hamburg“, berichtet Canalp. Aktuell betreut sie für Albert Speer und Partner in Frankfurt unter anderem ein umfangreiches Stadtteilprojekt in Ankara, vorher erarbeitete sie eine Lösung für die Mobilität der Großstädter im chinesischen Hefei.
In Braunschweig hat die HAWK-Absolventin Sandra Artal y Hillebrandt ihren Arbeitsplatz bei Assmann Beraten + Planen GmbH gefunden. Der Kontakt zu ihrem Arbeitgeber entstand bei einer Messe an der HAWK. Ihre Projekte gehen aber weit über Niedersachsen hinaus, als Bauingenieurin ist sie vor allem im russischen Raum tätig. Dort habe sie auch zum Thema „Bauwetter“ so einiges erlebt: „Wir haben nach starkem Regen einen Bagger versenkt, dann versucht, ihn mit einem Kran zu bergen, der auch stecken blieb und schließlich mussten wir eine Spezialkonstruktion bauen, um beide Fahrzeuge zu befreien.“ Schnee hingegen sei kein Hindernis, dabei würde unter Planen weiter gearbeitet. An der HAWK habe sie gelernt, Lösungen zu suchen und gegebenenfalls auch zu finden, lacht Artaly Hillebrandt.
„Wichtig ist, dass einem die Tätigkeit gefällt, dann kommt die Qualität von allein“, betonte Karl Hoffmeister, Geschäftsführer der Firma Karl Hoffmeister GmbH in Lamspringe. Sein Rat: „Nehmen Sie sich ein bis anderthalb Jahre Zeit, finden sie heraus, wie die Leute auf dem Bau ticken, erleben Sie den Alltag mit“, sagte Hoffmeister, der als Diplom-Ingenieur Holzbau an der HAWK abschloss. „Solche Treffen motivieren unsere Studierenden immer. Wir freuen uns, dass wir unser Angebot durch diese Praxisberichte gut ergänzen können“, resümierte Studiendekan Prof. Dr.-Ing. Jürgen Vogel über die sehr gut besuchte Veranstaltung.