Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligt vier Millionen Euro für die Anschaffung zweier Hochleistungs-Transmissions-Elektronenmikroskope für die Universitäten Paderborn und Bielefeld. Die zwei Mikroskope ergänzen sich gegenseitig. Durch die Kooperation beider Universitäten entsteht ein gemeinsames, virtuelles Anwenderzentrum, das OWL-Analytik-Centrum OWL-AC. Das Zentrum installiert und betreibt die beiden Mikroskope. Wissenschaftler können somit Proben austauschen und die Mikroskope vom jeweils anderen Standort fernsteuern. Das Bielefelder Mikroskop wird im neuen Ersatzneubau Experimentalphysik stehen, für das Paderborner Gerät wurde ein vorhandenes Labor speziell umgerüstet und abgeschirmt.
Die beiden Großgeräte erlauben es, den inneren Aufbau und die chemische Zusammensetzung sowie optische, elektronische und magnetische Eigenschaften von Materialien mit größter Präzision zu untersuchen. Während das eine Gerät darauf optimiert ist, auch noch einzelne Atome darstellen zu können, wird das andere Gerät in der Lage sein, sehr empfindliche Stoffe, die bei der Untersuchung gekühlt werden müssen, bei knapp über minus 196 Grad Celsius zu untersuchen. Höchstauflösung und Tieftemperaturbetrieb kombiniert mit modernster Analytik sind zwei Eigenschaften, die sich technisch nicht in einem Mikroskop vereinen lassen.
Da an beiden Universitäten große Nachfrage nach jeweils beiden Optionen besteht, haben sich Physiker, Chemiker und Ingenieure beider Universitäten zusammengeschlossen und wollen in einer gemeinsamen zentralen Einrichtung zwei entsprechend komplementäre Geräte betreiben. Indem die Wissenschaftler beider Universitäten Zugang zu beiden Mikroskopen haben werden, steht somit allen in Ostwestfalen-Lippe ein für die jeweils untersuchten Fragestellungen optimales Gerät zusammen mit einem hochspezialisierten Betreiberteam zur Verfügung. Beide Universitäten werden auch ihren Nachwuchs an diesen modernen Geräten ausbilden.
Aber nicht nur die Universitäten in Ostwestfalen-Lippe werden von dem neuen Zentrum profitieren. Zugang sollen auch externe Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmen bekommen. „Innovation beginnt heute sehr oft mit der Entwicklung eines neuen Materials oder eines neuen Verfahrens, um ein solches Material herzustellen“, sagt Professor Jörg Lindner (Paderborn), der zusammen mit den Professoren Andreas Hütten und Thomas Hellweg (Bielefeld) den Antrag gestellt hat. Viele Materialien verdanken ihre wesentlichen Eigenschaften nur internen Grenzflächen oder atomaren Fehlstellen sowie Strukturveränderungen auf einer Skala von wenigen Nanometern (Millionstel Millimeter). Wer es schafft, auf dieser Größenskala Materialien zu beherrschen, kann neue Technologien erfolgreich einführen. Diese können im Bereich der Optik, der Mikroelektronik, der Datenspeicherung und Datenübertragung, der Sensorik, Katalyse, Energiespeicherung und Energiewandlung oder dem Maschinenbau liegen. Materialien des Ultra-Leichtbaus sind ein Paradebeispiel für grenzflächendominierte Werkstoffe, und ebenso müssen heute Materialien der Polymerchemie, der Lebensmittel- sowie der Pharmaindustrie auf kleinster Skala optimiert werden.
Das OWL-AC vermittelt zwischen Grundlagen und angewandter Forschung, indem die schon vorhandene Materialsynthese um eine moderne Materialcharakterisierung erweitert wird und als komplexe Technologie den Firmen zur Verfügung gestellt werden kann. Zugleich können auch industrielle Fragestellungen die Forschungsperspektiven der im OWL-AC zusammenarbeitenden Arbeitsgruppen bereichern und damit zu neuen Verbundforschungsprojekten führen. Daher will das OWL-AC sowohl die regionale Wirtschaft stärken als auch mit Unternehmen außerhalb der Region kooperieren, was wiederum den Studierenden in Paderborn und Bielefeld zugutekommt.