Erziehungswissenschaftler der Universität Jena erarbeiten Chancenspiegel 2014
Jena (sl/FSU) – Die soziale Herkunft und der Wohnort von Schülerinnen und Schülern sind noch immer entscheidende Kriterien für den Erfolg schulischer Bildung. Das gilt für ganz Deutschland ebenso wie für den Freistaat Thüringen. Nachzulesen sind „Regionale Disparitäten in der Chancengerechtigkeit und Leistungsfähigkeit der deutschen Schulsysteme“ im Chancenspiegel 2014, der heute (11.12.) veröffentlicht wird. Gemeinsam herausgegeben wird die inzwischen dritte Auflage des Chancenspiegels von der Bertelsmann-Stiftung, dem Institut für Schulentwicklungsforschung Dortmund und dem Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Jena.
Im Chancenspiegel 2014 werden vier Kriterien für gerechte Schulsysteme besonders unter die Lupe genommen: die Integrationskraft, die Durchlässigkeit, die Kompetenzförderung und die Zertifikatsvergabe. Auf alle vier Kriterien bezogen, liege Thüringen im bundesdeutschen Vergleich auf einem guten Mittelfeldplatz, nennt Prof. Dr. Nils Berkemeyer von der Universität Jena ein regionales Resultat. Der Inhaber des Lehrstuhls für Schulpädagogik und Schulentwicklung betont jedoch, dass es große regionale Unterschiede zwischen den Schulsystemen im Freistaat gibt. „Als positive Ausnahmestandorte können wir die Städte Jena und Weimar bezeichnen“, sagt Berkemeyer. Parallel zu einer guten wirtschaftlichen Entwicklung verfügten gerade diese Städte über die notwendigen Ressourcen, eine vielfältige Schullandschaft anbieten zu können. Für die Attraktivität Jenas spreche zudem die Sogkraft, die die Stadt auf die umliegende Region ausübt: Ganze 20 Prozent der Jenaer Schüler im Sekundarbereich kommen aus Nachbargemeinden rings um die Saalestadt.
Als positiv stellen die Erziehungswissenschaftler von der Universität Jena heraus, dass Thüringen bei der Kompetenzförderung zu den besten Bundesländern gehört. Gradmesser für die Untersuchung war der Leistungsstand von Neuntklässlern im Mathematik-Unterricht. Einschränkend müsse jedoch gesagt werden, dass Schülerinnen und Schüler aus höheren sozialen Schichten deutlich erfolgreicher sind. Das gelte bundesweit über alle Schulformen hinweg.
Als „völlig inakzeptabel“ für das Land Thüringen bezeichnet Prof. Berkemeyer den Befund, dass 6,8 Prozent der Abgänger die Schule ohne einen Abschluss verlassen. Je nach Schule liege die Quote im Freistaat zwischen Null und 30 Prozent, so Berkemeyer. Mit Blick auf die neue Landesregierung empfiehlt der Wissenschaftler, hier dringend gegenzusteuern. Ein wünschenswertes Instrument sei eine Zertifikatsgarantie für jeden Schüler. Angesichts von Fachkräftemangel und anhaltendem Wegzug aus Thüringen sollte dieser Anteil an Abgängern ohne Schulabschluss die Alarmglocken schrillen lassen.
Der Chancenspiegel 2014 enthält differenzierte Angaben für alle 16 Bundesländer sowie regionale Analysen je Bundesland. Er ist im Buchhandel erhältlich sowie als Download unter: www.chancen-spiegel.de.