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EUROPA ALS LEHRER DER DEMOKRATIE

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Zum 19. Wirtschaftsforum an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen stand ein brisantes Thema auf der Agenda – die Beziehungen zwischen Europa und Russland. Ein Aspekt, der auch beim Reutlinger Publikum auf großes Interesse stieß, war doch die Aula mit mehr als 500 Besuchern bis auf den letzten Platz besetzt.

Das studentische Organisationsteam konnte eine Reihe hochkarätiger Podiumsteilnehmer gewinnen, die das Thema entsprechend kontrovers diskutierten. So verteidigten Bundestagsmitglied Jürgen Trittin und Jens Siegert, Leiter der Heinrich Böll-Stiftung Moskau, die als Druckmittel im Ukraine-Konflikt eingesetzten Wirtschaftssanktionen. Dr. Anna Rose, Deutschlandkorrespondentin einer der größten staatlichen russischen Tageszeitung, sprach sich für die Politik Putins aus. Rose kritisierte den schullehrerhaften Auftritt der europäischen Staaten, die sie auch als Handlanger der USA bezeichnete, in Fragen der Demokratie. Prof. Dr. Klaus Mangold, Honorarkonsul der russischen Föderation für Baden-Württemberg und ehemaliges Vorstandsmitglied der Daimler AG, veranschaulichte sehr präzise die katastrophalen Auswirkungen der Sanktionspolitik für das Land, die einerseits Wirkung zeigen würden, aber auch die einfache Bevölkerung leiden ließen. Das könne wiederum langfristig zu Instabilität führen.

Bild: Jürgen Trittin, Dr. Andrea Despot, Dr. Anna Rose, Prof. Dr. Klaus Mangold und Jens Siegert bei der Diskussion. Foto: Hochschule Reutlingen / Giebert.
Bild: Jürgen Trittin, Dr. Andrea Despot, Dr. Anna Rose, Prof. Dr. Klaus Mangold und Jens Siegert bei der Diskussion. Foto: Hochschule Reutlingen / Giebert.

Eingeladen als Vertreter der Länder, die Grenzen mit Russland und Deutschland teilen, war auch Dr. Rafal Dutkiewicz, Bürgermeister der polnischen Stadt Breslau. Er wies darauf hin, dass in Europa nach dem zweiten Weltkrieg für die Beziehungen zwischen europäischen Nachbarn auf friedlichem Wege sehr viel geleistet worden sei. Er erinnerte jedoch auch an die von Russland gebrochenen Budapester Verträge bezüglich der Halbinsel Krim und die vielen Toten durch militärisches Handeln der von Russland unterstützten Separatisten. Nun wachse auch in Polen die Angst vor einem Krieg.

Geprägt war die Diskussion von vielen kontroversen Fragen und das Publikum ließ durch Zwischenapplaus seine Meinung zu diesem oder jenem Statement hören. Als Kernthemen stellten sich jedoch die grundlegenden Fragen heraus: Was für eine Art von Konflikt liegt zwischen Russland und Europa vor? Welche historischen Versäumnisse – zum Beispiel in der Zeit des Zerfalls der Sowjetunion – haben zur gegenwärtig schwierigen Lage geführt? Ist die Schuld im Westen oder im Osten zu suchen? Welche Position darf, kann oder muss die deutsche Wirtschaft einnehmen? Einerseits pflege sie enge Beziehungen zu Russland und dürfe einen Zusammenbruch der russischen Wirtschaft nicht einfach mit ansehen. Andererseits: Sollten sich nicht auch Unternehmer der Einhaltung von Menschen- und Völkerrechten verpflichtet fühlen und sollten sie nicht die Politik unterstützen, die deren Verletzung mit Sanktionen ahndet? Und wie ist das Verhalten von Politik und Wirtschaft in Bezug auf andere Staaten zu sehen, in denen ebenfalls Menschenrechte verletzt werden? Wie erwartet blieben die Positionen der Diskutierenden in diesen Fragen gegensätzlich – die Zuhörer konnten jedoch mit viel Stoff zum Nachdenken nach Hause gehen.

Quelle: Hochschule Reutlingen.

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