Seit wenigen Jahren findet ein entscheidender Umbruch in der Pflegebranche statt. Möglich wurde das durch die neue generalisierte Pflegeausbildung, die am 1.1.2020 in Kraft getreten ist. Sie erweitert die beruflichen Möglichkeiten für ausgebildete Fachkräfte, lässt ihnen eine größere Flexibilität in der Wahl ihrer Tätigkeiten und fördert die Chancen zur beruflichen Weiterentwicklung. Wie sehen diese Karrieremöglichkeiten aus? Und wie kann man sie am besten nutzen?
Welche Veränderungen hat die generalisierte Pflegeausbildung bewirkt?
Der ehemalige Präsident des Deutschen Pflegerats, Dr. Franz Wagner, hat im Dezember 2021 die Unterschiede zwischen der ehemaligen Pflegeausbildung und den gesetzlichen Neuerungen zusammengefasst. Früher hatten Pflegekräfte seiner Meinung nach nur zwei Möglichkeiten für ein berufliches Vorankommen. Die eine Variante bestand darin, sich mit Hilfe von Weiterbildungen auf bestimmte Aufgaben zu spezialisieren. Allerdings gab es nur eine kleine Auswahl an Spezialisierungsmöglichkeiten – in der Krankenpflege vor allem die Intensivpflege und die OP-Pflege. Bei der zweiten Variante haben die Fachkräfte ihre pflegerische Tätigkeit komplett hinter sich gelassen. Karriere bedeutete dann: Man stieg in die Leitung auf oder wechselte an Pflegefachschulen, um als Lehrkraft zu arbeiten.
Heutzutage haben Pflegekräfte die Möglichkeit, auf ihren erlernten Fähigkeiten aufzubauen und sich mit ihren Kompetenzen ein individuelles Karriereprofil zu gestalten. Das Spektrum an Weiterbildungsmöglichkeiten hat erheblich zugenommen. Es reicht in der Krankenpflege beispielsweise von onkologischer über psychiatrischer Pflege bis zur Schmerztherapie.
Die entscheidende Neuerung besteht aber darin, dass die neue Pflegeausbildung generalisiert ist. Bis zur Gesetzesänderung wurden die Pflegeberufe unterteilt in Krankenpflege, Altenpflege und Kinderkrankenpflege. Es war dann später nicht mehr möglich, von einem Pflegebereich in den anderen zu wechseln. Heutzutage erhalten alle Auszubildenden die gleichen Grundlagen und können im Laufe ihres Berufslebens ganz nach Wunsch die Pflegebereiche wechseln – beispielsweise von der Altenpflege in die Krankenpflege oder von der Kinderkrankenpflege in die Altenpflege.
Diese Flexibilität zusammen mit einem deutlich angewachsenen Weiterbildungsspektrum schafft neue Spielräume und bietet die Grundlagen, dass sich Pflegekräfte ein individuelles Berufs- und Karriereprofil gestalten können.
Die neue Vielseitigkeit in den Pflegeberufen und EU-weite Anerkennung
Für die examinierte Pflegefachfrau oder den Pflegefachmann ergibt sich durch diese Änderungen eine neue Vielseitigkeit im Berufsbild. Die Fachkräfte können wahlweise in Krankenhäusern und Kliniken arbeiten oder sie sind in Gesundheitszentren tätig. Möglich sind Arbeitsplätze in Seniorenheimen oder in Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Wer in keiner stationären Einrichtung arbeiten möchte, entscheidet sich für die ambulante Tagespflege oder die häusliche Pflege. Nicht zuletzt befähigt die generalisierte Pflegeausbildung zur Arbeit im Hospiz.
Indem Weiterbildungen diese Praxiserfahrungen um pflegerische, rechtliche oder Management-Kenntnisse erweitern, entstehen zusätzliche Berufschancen jenseits der Pflege oder in Aufstiegspositionen. Beispielsweise können auch Beratungsfunktionen übernommen oder Stellen in bei Gemeinden und Kommunen besetzt werden, bei denen es um die regionale Organisation und Planung von Pflegeaufgaben geht.
Ein weiterer Vorteil ist die EU-weite Anerkennung der neuen Pflegeausbildung. Wer gerne für eine Weile im Ausland arbeiten möchte, muss keine formalen Hürden überwinden. Die Berufsqualifikation gilt in allen EU-Ländern. Wer Auslandstätigkeiten im Lebenslauf stehen hat, punktet auch hier mit Blick auf die eigene Karriere.
Transparente Hierarchie in der Pflege
Karrieremöglichkeiten – dieser Begriff hat mehrere Bedeutungen. Denn unter Karriere sind nicht nur Aufstiegschancen zu verstehen, die in Aufgaben mit Leitungsfunktionen führen. Karrierechancen entstehen auch dann, wenn gering qualifizierte Personen einen leichten Einstieg in den Beruf finden und sich Schritt für Schritt weiterentwickeln können. Bei langfristiger Planung führt der Weg dann stetig in neue berufliche Aufgaben, die jeweils mehr Verantwortung mit sich bringen. Karrierechancen bieten sich ebenfalls, wenn auf Basis einer Fachkraftausbildung sehr exakte Spezialisierungen möglich sind. Gerade in der Pflege gibt es eine hohe Nachfrage nach Mitarbeitern mit speziellen Fachkenntnissen. Das verbessert die Verhandlungsposition, wenn es um Gehaltsfragen geht.
Um die allgemeinen Karrierechancen in der Pflege zu überschauen, hilft das Hierarchiemodell – hier am Beispiel Krankenhaus. Es hat sechs Stufen:
- Praktikum
- Pflegehelfer
- Pflegefachkraft
- Stationsleitung
- Bereichsleitung
- Pflegedienstleitung oder Pflegedirektion
Praktikum und die Tätigkeit als Pflegehelfer bieten einen leichten Einstieg in den Pflegeberuf – sogar ohne Ausbildung. Auf Grundlage dieser Tätigkeiten lässt sich dann die Ausbildung anschließen. Examinierte Pflegefachkräfte wiederum können sich dann in der Hierarchie nach oben arbeiten. Alternativ besteht für sie die Möglichkeit zur fachlichen Spezialisierung. Karriere wird so von der einen Aufstiegsweiterbildung entkoppelt und beruht auf den fundierten Berufskenntnissen. Die entscheidenden Karrierechancen entstehen meistens durch einen Arbeitsplatzwechsel, wenn in diesem Zusammenhang neue und erweiterte Aufgaben übernommen werden.
Vielfalt bei den Weiterbildungsmöglichkeiten
Die zwei grundsätzlichen Karrieremöglichkeiten verlaufen also erstens über die Vertiefung von Fachwissen und zweitens über den Aufstieg in der Hierarchie. Jeder Pflegefachkraft steht deshalb vor der Frage, wo ihre persönliche Neigung liegt. Möchte sie tiefer in den Pflegeberuf einsteigen und sich fachlich weiter spezialisieren? Oder möchte sie langfristig Management und Führungsaufgaben übernehmen. Für beide Bereiche gibt es diverse Weiterbildungen.
Wenn es um das vertiefte Fachwissen geht, stehen beispielsweise Bildungsangebote wie diese zur Verfügung:
- Behandlungspflege
- Intensivpflege
- Gerontopsychiatrische Pflege
- Fachkraft in der häuslichen Pflege
- Palliativpflege
- Kultursensible Pflege
- Pain Nurse
- Demenz
Soll die Entwicklung eher in Richtung Führungsaufgaben und Management gehen, helfen Weiterbildungsangebote wie diese:
-
- Case Management
- Fachkraft für Gesundheits- und Sozialdienstleistungen
- Fachwirt im Gesundheits- und Sozialwesen
- Heimleitung
- Stationsleitung
- Qualitätsmanagement
Pflegekräfte – die gesuchte Berufsgruppe
Was den Karrierechancen von Pflegekräften entgegenkommt, ist der allgemeine Pflegenotstand. Fachkräfte werden händeringend gesucht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Pflegeberuf hohe Anforderungen an die persönliche Resilienz stellt. Es ist eine Arbeit mit Menschen, die manchmal mehr und manchmal weniger an ihren gesundheitlichen Einschränkungen leiden. Die Mehrheit aller Bürger wünscht sich eine Pflege mit menschlichem Gesicht. Damit das möglich ist, brauchen die Pflegekräfte angemessene Arbeitsbedingungen. Aber sie müssen auch die geeigneten Persönlichkeitsmerkmale haben. Stressresistenz und Resilienz gehören unbedingt dazu. Wer die persönlichen Voraussetzungen mitbringt, kann in der Pflege eine langfristig erfüllende Tätigkeit finden. Pflegekräfte werden auch in den kommenden Jahrzehnten eine gesuchte Berufsgruppe bleiben. Die Job-Perspektiven bleiben sicher. Umso mehr gilt das für engagierte Fachkräfte, die sich regelmäßig weiterbilden und sich damit neue Kompetenzbereiche erschließen.
Fazit:
Der Pflegeberuf eröffnet wahlweise durch Aufstiegsweiterbildungen oder durch Spezialisierung und Vertiefung von Fachwissen vielfältige Karrierechancen. Die Arbeitsbereiche sind vielseitig. Dank EU-Anerkennung sind zeitweilige Berufstätigkeiten im Ausland unkompliziert möglich. Wer die Chancen zu ergreifen versteht, wird sich im Laufe der Zeit ein individuelles Berufsprofil und persönlichen Karriereweg aufbauen können.
Meine Cousine ist diesen Sommer mit ihrer Pflegefachkraftausbildung fertig geworden. Nun ist sie auf der Suche nach passenden Stellenangeboten. Ich wusste allerdings nicht, dass es auch einen Pflegerat gibt.
Vielen Dank für den Beitrag. In unserer Familie sind viele in der Pflegebranche tätig. Ich selber würde mit meiner Ausbildung als Pflegefachkraft gerne andere Personen zu dem Thema beraten. Die nötige Erfahrung habe ich bereits.
Ich habe Interesse an einem Job in der Pflege. Daher versuche ich gerade den richtigen Ausbildungsweg für mich zu finden. Gut zu wissen, dass es eine so große Vielfalt bei den Weiterbildungsmöglichkeiten gibt.
Danke für den Beitrag. Ich finde es gut, dass im Artikel auch betont wird, wie wichtig die Arbeit der Pflegekräfte ist und dass man eine hohe Stressresistenz haben muss, um in einer Einrichtung für Altenpflege zu arbeiten. Meine Mutter arbeitet ihr leben lang in der Altenpflege. Sie liebt ihre Arbeit, aber hat auch schon sehr viel erlebt.
Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag! Meine Oma nahm damals eine häusliche Pflegehilfe in Anspruch und konnte so auch noch im hohen Alter verhältnismäßig selbstständig leben. Sie war immer sehr dankbar für die Hilfe. Daher möchte ich gerne eine Ausbildung im Pflegebereich absolvieren. Es ist gut zu wissen, dass man viele Weiterbildungsmöglichkeiten hat. Danke für den informativen Artikel!
Meine Tochter hat eine Ausbildung in der Pflege. Interessant, wie diese Berufe immer noch aufgegliedert sind. Momentan sucht sie aber Stellenangebote in der Pflege.